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Diskurs

Montag, 25.07.2016

EU-Leistungsschutz und Verlegerbeteiligung: Verlage optimistisch

Der Verlegerverband Börsenverein ist optimistisch, das ein europäisches Leistungsschutzrecht für Verleger geschaffen wird – allerdings frühsten in anderthalb Jahren. Von den vom BMJV vorgeschlagenen Regelungen zur Sicherung der Verlegerbeteiligung hingegen hält der Verlegerver...

Der Verlegerverband Börsenverein ist optimistisch, das ein europäisches Leistungsschutzrecht für Verleger geschaffen wird – allerdings frühsten in anderthalb Jahren. Von den vom BMJV vorgeschlagenen Regelungen zur Sicherung der Verlegerbeteiligung hingegen hält der Verlegerverband nicht viel.
Während sich der Protest gegen die Einführung eines europäischen Leistungsschutzrechts für Verleger formiert (siehe News vom 23. März 2016), geht Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang davon aus, dass die Lobbyarbeit der Verlegerverbände auf EU-Ebene schon Früchte getragen hat. „Kommissar Günther Oettinger hat angekündigt, am 21. September seinen Aktionsplan für das Urheberrecht bekannt zu geben. In den letzten Monaten haben nicht nur der Börsenverein und der Europäische Verlegerverband FEP, sondern auch etliche Verleger direkt mit Kommissar Oettinger sprechen können. Deswegen hoffen wir, dass die EU-Kommission im September eine rasche Klarstellung ankündigen wird, dass auch Verleger Rechteinhaber im Sinne der europäischen Urheberrechtsrichtlinien sind. Dadurch würde die fatale Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs korrigiert und eine belastbare Basis dafür geschaffen, dass Urheber und Verlage dauerhaft weiter Rechte und Interessen in gemeinsamen Verwertungsgesellschaften wahrnehmen können“, sagte Sprang in einem Interview mit dem Verbandsportal boersenblatt.net.
Dies würde bedeuten, dass der Börsenverein von der Einführung eines vollen europäischen Leistungsschutzrechts für Verleger in die InfoSoc-Richtlinie ausgeht, nicht nur einer Verlegerbeteiligung an Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften, wie sie das Bundesjustizministerium angeregt hat (siehe News vom 22. Februar 2016). Die Beteiligung an den Ausschüttungen wird auch von vielen Autoren im Interesse der Fortsetzung der erfolgreichen Tätigkeit von gemeinsamen Verwertungsgesellschaften befürwortet, ein eigenes Leistungsschutzrecht hingegen wegen negativer Auswirkungen auf die Autorenrechte abgelehnt. Allerdings geht auch der Börsenverein davon aus, dass ein solches Rechtssetzungsverfahren in der EU wohl mindestens anderthalb Jahre bis zu seinem Abschluss braucht. „Bestenfalls könnte der europäische Rechtsrahmen also in der ersten Hälfte 2018 die notwendigen und politisch gewollten Korrekturen erfahren haben“, so Christian Sprang.
Von den Vorschlägen für Gesetzesänderungen für eine Übergangsregelung, die das Bundesjustizministerium erarbeitet hat (siehe News vom 5. Juli 2016), hält der Verlegerverband hingegen nicht viel, auch wenn Sprang es „erfreulich“ findet, dass die Berliner Regierungskoalition so schnell reagiert habe. „Die Vorschläge müssen aus Verlagssicht differenziert bewertet werden. Rückhaltlos zu begrüßen ist, dass zur Frage der Rechteeinräumung im Verwertungsgesellschaftengesetz eine Klarstellung vorgesehen ist. Danach kommt es künftig bei den Verteilungsplänen der gemeinsamen Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlagen nicht mehr darauf an, wer zeitlich gesehen als Erster die Rechte an einem bestimmten Werk eingebracht hat“, sagt der Börsenvereinsjustiziar.
Problematisch seien hingegen die Übergangsregeln bis zu einer Korrektur des europarechtlichen Rahmens. „Danach können Verwertungsgesellschaften nur dann einen Verlegeranteil an gesetzlichen Vergütungsansprüchen auskehren, wenn der Autor dem nach der Entstehung des Anspruchs ausdrücklich zugestimmt hat. Hier hätten wir uns von Minister Maas und seinen Fachleuten mehr Mut gewünscht“, so Sprang. „Andere europäische Länder, wie z.B. Belgien, zeigen – übrigens ausdrücklich ermuntert von den Urheberrechtsspezialisten in der EU-Kommission – deutlich mehr Bereitschaft, bei der Korrektur der beiden Entscheidungen die den nationalen Gesetzgebern verbliebenen Gestaltungsmöglichkeiten beherzt auszunutzen. Wir hoffen deshalb, dass wir hier im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen erreichen können.“
Der jetzige Vorschlag wäre für Verlage nicht nur hinsichtlich der VG Wort „administrativ sehr aufwändig“, sondern er würde hinsichtlich der VG Bild-Kunst „voraussichtlich überhaupt keine Hilfe sein“. Zeitrahmen: Wenn es beim vorgesehenen Zeitplan bleibe, so Sprang, „dann werden die wesentlichen Entscheidungen im Gesetzgebungsverfahren unmittelbar nach der Parlamentarischen Sommerpause Anfang bzw. Mitte September fallen, und das Gesetz selbst könnte theoretisch bis zur Frankfurter Buchmesse in Kraft sein.“
Und auf die Frage „Wann haben die Verlage mit Rückforderungen der VG Wort zu rechnen?“ antwortet der juristische Berater zweier Verleger-Berufsgruppen im VG-Wort-Verwaltungsrat: „Ziel ist, dass das Konzept der außerordentlichen Mitgliederversammlung der VG Wort am 10. September in München zur Abstimmung vorgelegt werden kann. Wenn es dort beschlossen wird, soll unmittelbar die Umsetzungsphase beginnen.“ Dann hätten die Verlage voraussichtlich zunächst die Wahl, ob sie die Rückforderung unmittelbar begleichen oder zunächst eine Verjährungsverzichtserklärung abgeben wollen. Entschieden sie sich für den direkten Ausgleich ihrer Schuld, müssten sie bis Anfang Dezember an die VG Wort Zahlung leisten. Würden sie eine Verjährungsverzichtserklärung abgeben, bekämen sie für die Rückzahlung einige Monate Aufschub, „um die Höhe der Rückforderung durch Abtretungen von Rückzahlungsansprüchen ihrer Autoren senken zu können.“

Pressekontakt: info@urheber.info