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Diskurs

Montag, 09.11.2015

Reda: "EU-Kommission rüstet zum Angriff auf den Hyperlink"

Julia Reda, einzige Piratenabgeordnete im Europaparlament, hat eine neue Kampagne gestartet. Die EU-Kommission rüste zum „Frontalangriff auf den Hyperlink“ schreibt sie auf ihrer Website, um das Presse-Leistungsschutzrecht einzuführen – garniert mit Tweet-Links wie: „Angriff a...

Julia Reda, einzige Piratenabgeordnete im Europaparlament, hat eine neue Kampagne gestartet. Die EU-Kommission rüste zum „Frontalangriff auf den Hyperlink“ schreibt sie auf ihrer Website, um das Presse-Leistungsschutzrecht einzuführen – garniert mit Tweet-Links wie: „Angriff auf den Hyperlink: Der neueste Vorstoß zum #Leistungsschutzrecht ist der bisher gefährlichste. #savethelink“
Den „Angriff auf den Hyperlink“ will die Europaabgeordnete, die bereits eine – letztlich erfolglose Kampagne zur „Rettung“ ihres Berichtsentwurfs („Reda-Report“) für den Rechtsausschuss des EU-Parlaments gestartet hatte (siehe News vom 29. Mai 2015), in der geleakten Version der Kommissionsmitteilung „Towards a modern, more European copyright framework“ („Auf dem Weg zu einem modernerem, mehr europäischen Urheberrechtssystem“) ausgemacht haben (siehe News vom 6. November 2015), die kürzlich von der Plattform IPKat veröffentlicht wurde. Mit der Communication will die EU-Kommission am 9. Dezember 2015 ihr erstes Maßnahmenpaket zur Reform des EU-Urheberrechts öffentlich vorstellen (siehe News vom 5. November 2015).
„Die EU-Kommission rüstet zum Frontalangriff auf den Hyperlink, den Grundbaustein des Internets“, schreibt Julia Reda und stallt schon in der Überschrift den Zusammenhang zu einem „Leistungsschutzrecht 2.0" her: „Dahinter steckt eine abstruse Idee, die nicht totzukriegen ist: Dass Suchmaschinen und Nachrichtenportale Medien dafür bezahlen sollen, wenn sie deren Inhalte anpreisen. Dieses Ziel wurde in Deutschland und Spanien mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger verfolgt.“
Beides – der angebliche Angriff auf die „Linkfreiheit“ und der Zusammenhang mit dem Presse-Leistungsschutzrechts – sind gewagte Interpretationen, die sich so mit dem Text der geleakten Kommissionsmitteilung kaum belegen lassen.
Es gibt „strittige Grauzonen“ und Unsicherheit, „welche Online-Handlungen als „öffentliche Wiedergabe“ (und damit genehmigungspflichtig durch die Rechtsinhaber) gelten“, heißt es in der Mitteilung unter Verweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs – gemeint sind wohl die EuGH-Entscheidungen zu Hyperlinks zu frei zugänglichen Zeitungsartikeln (siehe News vom 13. Februar 2014) und zum Framing (siehe News vom 23. Oktober 2014). Und das Leistungsschutzrecht wird gar nicht erwähnt. Redas Mutmaßung stützt sich auf den Satz: „Insbesondere für News-Aggregatoren sind Lösungen in bestimmten Mitgliedstaaten versucht worden, aber sie tragen das Risiko von mehr Fragmentierung im digitalen Binnenmarkt.“ Einzige konkrete Maßnahme in dem Papier ist: „In diesem Zusammenhang wird die Kommission prüfen, ob Maßnahmen zur Definition der Rechte der „öffentlichen Wiedergabe“ und der „Zur-Verfügung-Stellung“ [Online-Recht] notwendig sind.“
Entsprechend vorsichtig sind die Reaktionen auf die neue Reda-Kampagne in Deutschland. „Da es hierbei aber um ganz grundlegende Praktiken wie Verlinkung auf online verfügbare Inhalte geht, könnte eine vom LSR inspirierte Einschränkung von Verlinkungs- und Embeddingfreiheiten drohen“, schreibt etwa Leonhard Dobusch bei netzpolitik.org. Und Stefan Krempl setzt bei heise online schon in der Überschrift „Linkfreiheit gefährdet?“ und auch ansonsten viele Fragezeichen. Er verweist allerdings auch darauf, dass EU-Kommissar Günther Oettinger die Einführung eines „europäischen Leistungsschutzrechts“ prüft (siehe auch News vom 28. April 2015).

Pressekontakt: info@urheber.info