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Diskurs

Mittwoch, 08.07.2015

TTIP: Forderungen des EU-Parlaments für das Handelsabkommen

Das Europäische Parlament hat eine Entschließung mit seinen Empfehlungen an die EU-Kommission für die Verhandlungen mit den USA über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) mit 436 Stimmen bei 241 Gegenstimmen und 32 Enthaltungen angenommen. Die in ...

Das Europäische Parlament hat eine Entschließung mit seinen Empfehlungen an die EU-Kommission für die Verhandlungen mit den USA über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) mit 436 Stimmen bei 241 Gegenstimmen und 32 Enthaltungen angenommen.
Die in Straßburg am 8. Juli 2015 beschlossene Entschließung ist zwar für die Verhandlungsführer der EU nicht bindend, allerdings müssen das Europäische Parlament und der Rat dem TTIP-Abkommen nach einer Einigung mit den USA noch zustimmen, bevor es in Kraft treten kann. Die Mehrheit der EU-Abgeordneten befürworten die Fortsetzung der Gespräche, heben in der Entschließung jedoch wiederholt hervor, dass das Abkommen den Marktzugang für Waren und Dienstleistungen verbessern sowie gemeinsame Vorteile für alle EU-Mitgliedstaaten bringen muss. Es solle zudem ein „effizientes, wettbewerbsfreundliches Umfeld“ fördern und nichttarifäre Handelshemmnissen ausschließen.
„Wir erleben eine beispiellose Globalisierung, und unsere Bürger und Unternehmen sind mittendrin. Als Abgeordnete ist es unsere demokratische Pflicht, hier gestaltend einzugreifen“, sagte Berichterstatter Bernd Lange von der SPD. „Wir fordern ein transparenteres Verfahren, robuste Arbeitnehmerrechte und Schutz personenbezogener Daten sowie öffentlicher Dienstleistungen. Wir bestehen darauf, dass das Recht der Gesetzgeber auf beiden Seiten des Atlantiks, Gesetze erlassen zu dürfen, nicht durch private Schiedsgerichte oder andere Einrichtungen unterlaufen werden darf.“
Ein Hauptkonfliktpunkt sind die vorgesehenen Investoren-Schiedsgerichte (siehe auch Stellungnahme der Initiative Urheberrecht vom 1. Dezember 2014). Die ebenfalls geforderte Transparenz der Verhandlungen hat die EU-Kommission zumindest teilweise mit der Veröffentlichung der Verhandlungstexte eingelöst (siehe News vom 8. Januar 2015). Der Kompromisstext über die Instrumente zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten, fordert ein neues System zur Rechtsprechung, das die in Handelsabkommen bisher üblichen Bestimmungen über „Investor-Staat-Schiedsverfahren“ (ISDS), die auf private Schiedsgerichte setzen, ersetzen soll.
Das neue System sollte demokratischen Grundsätzen entsprechen und der demokratischen Kontrolle unterliegen, „in deren Rahmen etwaige Streitsachen in öffentlichen Verfahren transparent von öffentlich bestellten, unabhängigen Berufsrichtern verhandelt werden, eine Berufungsinstanz vorgesehen ist, die Kohärenz richterlicher Urteile sichergestellt wird und die Rechtsprechung der Gerichte der EU und der Mitgliedstaaten geachtet wird und die Ziele des Gemeinwohls nicht durch private Interessen untergraben werden können“, so die Empfehlungen des Parlaments.
Neben zahlreich Empfehlungen zu Daseinsvorsorge, Arbeit, Umwelt und Daten- und Verbraucherschutz enthält die Entschließung des EU-Parlaments auch solche zu Kultur, Medien und Urheberrechten. So fordern die Abgeordneten „über eine rechtsverbindliche allgemeine Klausel, die auf das Abkommen in seiner Gesamtheit Anwendung findet, und unter Einhaltung des Übereinkommens der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sicherzustellen, dass die Vertragsparteien das Recht haben, unabhängig von der genutzten Technologie oder Verbreitungsplattform Maßnahmen (insbesondere Regulierungs- und/oder Finanzierungsmaßnahmen) zum Schutz und zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt im Einklang mit den einschlägigen Artikeln im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie der Freiheit und des Pluralismus der Medien zu treffen oder fortzusetzen“ – und unterstreichen ausdrücklich, „dass audiovisuelle Dienste ausdrücklich nicht Teil des Mandats sind, das die Mitgliedstaaten der Kommission erteilt haben“ (Punkt 2 b) xviii).
Sie empfehlen „klarzustellen, dass die Befugnis der EU oder der EU-Mitgliedstaaten, die Kulturwirtschaft und Dienstleistungen im Bereich Kultur, Bildung, audiovisuelle Medien und Pressedienste mit Beihilfen und finanziell zu unterstützen, durch keine Bestimmung des Abkommens beeinträchtigt werden darf“ (Punkt 2 b) xix). Auch dürfe „weder das System der Buchpreisbindung noch die Preisfestsetzung für Zeitungen und Zeitschriften durch nach dem TTIP-Abkommen geltende Verpflichtungen beeinträchtigt werden“ (Punkt 2 b) xx).
In Bezug auf das Urheberrecht und andere Rechte des geistigen Eigentums soll die EU-Kommission „sicherzustellen, dass in das TTIP-Abkommen ein ambitioniertes, ausgewogenes und zeitgemäßes Kapitel über Rechte des geistigen Eigentums aufgenommen wird, in dem die Bereiche der Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich der Anerkennung und des besseren Schutzes geographischer Angaben, genau festgelegt sind und ein gerechtes und effizientes Maß an Schutz verankert ist, das der notwendigen Reform des EU-Urheberrechts nicht im Wege steht und Grundlage für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und dem öffentlichen Interesse ist“ (Punkt 2 d) xvi).
Außerdem geht es noch einmal um ACTA. Dazu heißt es in der Entschließung, die EU-Kommission müsse „sicherzustellen, dass in das Kapitel über Rechte des geistigen Eigentums keine Bestimmungen über die Haftung von Vermittlern im Internet oder über strafrechtliche Durchsetzungsinstrumente aufgenommen werden, zumal das Europäische Parlament diese Bestimmungen – auch im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Übereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) – bereits abgelehnt hat“ (Punkt 2 d) xviii).
Die nächste 10. TTIP-Verhandlungsrunde zwischen der EU und den USA ist für den 13. bis 17. Juli in Brüssel geplant.

Pressekontakt: info@urheber.info