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Diskurs

Freitag, 15.05.2015

WIPO-Blindenvertrag: Ratifizierung durch EU wird blockiert

Deutschland, Italien, Großbritannien und vier weitere EU-Mitgliedstaaten blockieren die Ratifizierung des Marrakesch-Vertrags über urheberrechtliche Schrankenregelungen für Blinde und Sehbehinderte durch die Europäische Union. Die sieben Länder wollen nicht, dass die EU den i...

Deutschland, Italien, Großbritannien und vier weitere EU-Mitgliedstaaten blockieren die Ratifizierung des Marrakesch-Vertrags über urheberrechtliche Schrankenregelungen für Blinde und Sehbehinderte durch die Europäische Union.
Die sieben Länder wollen nicht, dass die EU den internationalen Vertrag der WIPO, der Blinden und Sehbehinderten den Zugang zu geschützten Werken erleichtern soll, im Namen aller 28 Mitgliedstaaten ratifiziert, berichtet Politico. Nach Auskunft von Wolfgang Angermann, Präsident der Europäischen Blindenunion (EBU), gegenüber dem europäischen Nachrichtenportal seien die Deutschen vor allem besorgt darüber, dass „die EU mehr und mehr die ausschließliche Zuständigkeit in Bezug auf den Umgang mit internationalen Verträge erreichen könnte.“
„Im Kern geht es um die Frage, ob die EU den Vertrag ratifiziert oder ob jeder Mitgliedsstaat einzeln ratifizieren muss“, heißt es in einer Pressemitteilung des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes. Die EU-Kommission habe einen Kompromissvorschlag präsentiert, der die rechtliche Zuständigkeit der Europäischen Union ebenso anerkennt wie die Souveränität der EU-Mitgliedsstaaten, den Marrakesch-Vertrag individuell zu ratifizieren. Wie die EBU berichtet, droht dieser Kompromiss nun an den Regierungen Deutschlands und Italiens zu scheitern. „Der Widerstand der deutschen Regierung hat nichts mit juristischen Formalien zu tun, hier fehlt schlicht und ergreifend der politische Wille, uns zu unserem Recht auf Lesen zu verhelfen“, kommentierte EBU-Präsident Angermann.
Dabei hatte die Europäische Union bereits im April 2014 gemeinsam mit Frankreich, Griechenland und Indien den Marrakesch-Vertrag unterzeichnet (siehe News vom 30. April 2014). Deutschland dann im Juni 2014 (siehe News vom 14. Mai 2014). Bisher haben 82 Länder den WIPO-Vertrag unterzeichnet. Allerdings haben nur sechs ihn ratifiziert, Deutschland bisher nicht. Nach einer Ratifizierung des Marrakesch-Vertrages müsste § 45a UrhG angepasst werden. Zu erweitern wäre die Vorschrift in jedem Fall um das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.
Der „Marrakesh Treaty to Improve Access to Published Works for Persons who are Blind, Visually Impaired, or otherwise Print Disabled” (Download) war im Juni 2013 nach jahrelangen Verhandlungen von der World Intellectual Property Organization (WIPO) in Marrakesch angenommen worden (siehe News vom 27. Juni 2013).

Pressekontakt: info@urheber.info