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Diskurs

Donnerstag, 14.01.2016

VG-Gesetz im Bundestag: Initiative Urheberrecht nimmt Stellung

Die Initiative Urheberrecht hat ihre Stellungnahme zum Regierungsentwurf für ein Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) übermittelt. Der Gesetzentwurf war kürzlich von der Bundesregierung in den Bundestag eingebracht worden und ging am 15. Januar 2016 im Parlament mit der 1. Le...

Die Initiative Urheberrecht hat ihre Stellungnahme zum Regierungsentwurf für ein Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) übermittelt. Der Gesetzentwurf war kürzlich von der Bundesregierung in den Bundestag eingebracht worden und ging am 15. Januar 2016 im Parlament mit der 1. Lesung in die Ausschüsse.
„Wir machen mit diesem Gesetz nicht alles anders, aber wir machen, wie wir finden, vieles besser, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas anlässlich der 1. Lesung zum Entwurf eines „Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung (VG-Richtlinien-Umsetzungsgesetz)“ im Deutschen Bundestag. Dabei nannte Maas als drei wesentliche Punkte des Regierungsentwurfs (BT-Drs. 18/7223) die Stärkung der Mitbestimmung, die Anpassung des Rechts an das digitale Zeitalter und die Reform der Vergütung der Privatkopie.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hatte Mitte Juni einen Referentenentwurf für ein VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz vorgelegt, mit dem die Vorgaben der EU-Richtlinie zur kollektiven Rechtewahrnehmung vom 26. Februar 2014 einem neuen Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) umgesetzt werden sollen (siehe News vom 18. Juni 2015). Dazu waren etliche Stellungnahmen von Verbänden und Institutionen beim Ministerium eingegangen, darunter die der Initiative Urheberrecht (siehe News vom 14. August 2015). Im November 2015 hatte das Bundeskabinett den VGG-Entwurf beschlossen (siehe News vom 11. November 2015).
In dem Regierungsentwurf sind eine Reihe von Vorschlägen der Initiative Urheberrecht berücksichtigt worden. Andere Veränderungen gegenüber dem Referentenentwurf allerdings nicht. Deshalb hat die Initiative Urheberrecht eine Stellungnahme zum Regierungsentwurf verfasst und übermittelt:

Stellungnahme der Initiative Urheberrecht
zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU (VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz)

Die Initiative Urheberrecht vertritt über 35 Organisationen und Gewerkschaften von UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen*; deren Mitglieder lassen ihre Nutzungsrechte und Vergütungsansprüche in unterschiedlichem Umfang von verschiedenen in der Regel deutschen Verwertungsgesellschaften (VGs) vertreten und verfolgen den Prozess der Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/26/EU mit großem Interesse; die Mitgliedsorganisationen behalten sich vor, ggf. individuelle Verbandsstellungnahmen abzugeben.
Die Initiative greift in der nachstehenden Stellungnahme vor allem diejenigen Regelungsvorschläge auf, die sich auf die Position der Urheber und ausübenden Künstler als Mitglieder oder Berechtigte von Verwertungsgesellschaften und die Durchführung der Rechtewahrnehmung durch diese Gesellschaften, aber auch durch abhängige und unabhängige Verwertungseinrichtungen auswirken.

I. Mitwirkung der Mitglieder und Berechtigten

1. Mitglieder

Zu begrüßen ist, dass der Entwurf in § 7 die Unterscheidung zwischen Mitgliedern und Berechtigten aufrechterhält und somit, sofern die VG dies mehrheitlich wünscht, die stärkeren Mitwirkungsmöglichkeiten der Mitglieder gegenüber den meist mit geringeren Anteilen am Erlös der Gesellschaft beteiligten Berechtigten aufrechterhält.
Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte zumindest in der Begründung klargestellt werden, dass Außenseiter, für die nach der Vermutungsregel des § 49 Abs.1 im Bereich der Vergütungsansprüche die zuständige VG die Vergütungen geltend macht, nicht als Berechtigte gelten, was Einfluss auf die Stimmenverhältnisse haben könnte.
Es ist aber zu bedenken, ob das VGG nicht den Gesellschaften die Möglichkeit offenhalten sollte, durch Satzung die in Art. 8 Abs. 9 RL eröffnete Möglichkeit, Einschränkungen der Mitgliedschafts-rechte aufgrund Dauer der Mitgliedschaft oder Höhe der Erträge einzuführen. Dadurch könnte besonders im Bereich der Wahrnehmung von Erstrechten mit teilweise erheblichem Umfang ausgeschlossen werden, dass wichtige Rechtsinhaber andere Möglichkeiten der Wahrnehmung ihrer Rechte suchen, weil sie fürchten, in der VG unverhältnismäßig majorisiert zu werden.
Bedauerlich ist, dass entsprechend der RL nun auch „Einrichtungen, die Rechtsinhaber vertreten“ als Mitglied aufgenommen werden müssen; hierdurch wird das Konzept der VG als Gesellschaft kreativ Tätiger, die ihre Angelegenheit in die eigene Hand nehmen, verwässert.
Jedenfalls aber sollte der Entwurf entsprechend den Vorgaben der RL konkretisieren, dass diese Einrichtungen nur solche sein dürfen, die von Urhebern oder ausübenden Künstlern gebildet wurden, um auszuschließen, dass derartige Einrichtungen aus kommerziellen Erwägungen von Agenten oder Rechtsvertretern von Kreativen gegründet werden, um die Mitgliedschaft in einer VG zu erwerben und dort Einfluss auszuüben.

2. Rechtsinhaber

Nach der Begründung zu § 13 wird nicht ausgeschlossen, dass die Satzung der VG bestimmen kann, dass Kulturunternehmen wie Verlage oder Produzenten als Inhaber übertragener Rechte als Berechtigte oder – je nach Entscheidung der Satzungsgeber in der VG – als Mitglieder aufgenommen werden können; dies ist zu begrüßen, denn zum einen handelt es sich bei ihnen nicht um „Einrichtungen“, und im übrigen setzt diese derartige Mitgliedschaft in einer VG die bestehende und bewährte Praxis fort, nach der Urheber und Inhaber aufgrund von Nutzungsverträgen mit einzelnen Urhebern übertragener Rechte gemeinsames Inkasso betreiben und in Verwertungsgesellschaften fallbezogen zu pauschalen Lösungen hinsichtlich der Verteilung von Vergütungen gelangen, die die Verwaltungskosten reduzieren und umfangreiche Rechteklärungen vermeiden.

3. Vertretung und elektronische Abstimmung

Höchsten Bedenken begegnet der Entwurf, wenn er in § 19, wie es in der Begründung heißt, „keinen Gebrauch von der Möglichkeit“ des Art. 8 Ziff. 10 macht, die Vertretung für abwesende Mitglieder zu begrenzen. Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, dass kommerzielle Rechtsvertreter durch eine Überzahl gesammelter Stimmübertragungen das Votum der Mitgliedschaft verzerren. Ob die Formulierung in § 19 Abs. 4, die bei Vorliegen von Interessenkonflikten eine Vertretung ausschließt, praxisgerecht ist, bezweifeln wir.
Wir sind der Auffassung, dass der Entwurf in diesem Punkt entscheidend nachgebessert werden muss. Hier wären mehrere Möglichkeiten denkbar, um Missbrauch zu verhindern. Möglich wäre auch, etwa ausschließlich Gewerkschaften oder Organisationen der Kreativen als Träger übertragener Stimmen zuzulassen.
Dies gilt auch, obwohl der Entwurf in § 19 Abs. 3 Mitgliedern die Möglichkeit der Ausübung ihrer Stimmrechte mittels elektronischer Kommunikation eröffnet. Es ist nicht abzusehen, dass diese Möglichkeit wahrgenommen wird und langfristig die Möglichkeit der Stimmübertragung überflüssig macht, die im übrigen in ihrer technischen Machbarkeit nichterprobt ist. Auch wenn der Regierungsentwurf die elektronische Ausübung nunmehr auf das Stimmrecht beschränkt, haben wir Bedenken, ob diese Einschränkung ausreicht, zumal nicht ausgeschlossen ist, dass bei technischen Übertragungsschwierigkeiten Anfechtungsmöglichkeiten eröffnet werden, die die Willensbildung lahmlegen können. Hier sollte Vorsorge getroffen werden, dass dies nicht eintritt; das Aktienrecht ( § 243 Abs.3 Ziff 1 AktG) bietet ein Vorbild.
Das Wesen der Mitgliederversammlung – bzw. der Gesellschafterversammlung in VGs, die nicht als Vereine konstituiert sind, besteht nach wie vor aus dem demokratisch strukturierten Prozess der anwesenden und an der Arbeit der Versammlung sowie am Diskurs interessierten Mitglieder bzw. Berechtigten, der durch elektronische Kommunikation nach derzeitigem Stand der Technik nicht ersetzt werden kann.

II. Zulassung und Kontrolle von VGs und Verwertungseinrichtungen, Schiedsstelle

1. Wettbewerb auf Augenhöhe

Die Richtlinie strebt an, den Wettbewerb der europäischen Verwertungsgesellschaften auf zu verbessern und erkennt gleichzeitig an, dass im Laufe der Entwicklungen der letzten Jahre bestimmte Wahrnehmungstätigkeiten durch abhängige oder unabhängige Verwertungseinrichtungen übernommen wurden; das ist im Prinzip nicht zu kritisieren.
Es muss bei der Umsetzung aber darauf geachtet werden, dass die Harmonisierung tatsächlich nicht nur zwischen den VGs „Augenhöhe“ der Konkurrenten herstellt, sondern auch verhindert, dass Ungleichgewichte besonders zwischen unabhängigen Verwertungseinrichtungen und VGs entstehen, die daraus resultiere, dass letzteren – gewollt oder ungewollt – günstigere Bedingungen verschafft werden, die den Wettbewerb in der Rechtswahrnehmung verzerren.
Die Initiative Urheberrecht begrüßt deshalb, dass der Entwurf in Teil 4 die vom UrhWG bekannten Zulassungs- und Kontrollaufgaben der Aufsichtsbehörde beibehält und diese auch auf abhängige Verwertungseinrichtungen ausdehnt sowie in Umsetzung der RL die Internationalisierung der Aufsicht anstrebt, was gerade angesichts des schon heute hohen Niveaus der Aufsicht in Deutschland erforderlich ist, um Wettbewerbsnachteile der deutschen VGs wegen zu schwacher Aufsicht in anderen Mitgliedsstaaten abzubauen.

2. Keine oder schwächere Kontrolle über VGs aus nicht EU-Ländern und unabhängigen Verwertungseinrichtungen

Fraglich bleibt freilich, warum nur VGs in die Aufsichtsverfahren einbezogen werden. Die Bundesrepublik sollte angesichts der wachsenden Bedeutung von Verwertungseinrichtungen aus dem außereuropäischen Ausland auch die Tätigkeit solcher Verwertungseinrichtungen dem deutschen Wahrnehmungsrecht unterstellen, um volle Chancengleichheit herzustellen. Dies ermöglicht Erwägungsgrund 10 RL ausdrücklich.
Nicht nachzuvollziehen ist, dass sog. „unabhängige Verwertungseinrichtungen“ gemäß § 4 VVG, die ausdrücklich ohne Mitwirkung der Rechtinhaber und in Gewinnerzielungsabsicht tätig werden, der Zulassungspflicht nicht und der Aufsicht nur eingeschränkt unterliegen (z.B.: § 85 Abs. 4 – 6 gelten nicht). Die Befürchtung, dass derartige Einrichtungen, die ihr Ziel darin sehen, besonders werthaltiges Repertoire zu kumulieren, auf die gemäß §§ 27 und 32 vorgesehene Aufstellung eines Verteilungsplans und die darin mögliche soziale und kulturelle Förderung verzichten werden und durch Umgehung weiterer Vorschriften des VVG und entsprechender nationaler Regelungen Vorteile gegenüber regulierten VGs erzielen, wird durch die Formulierungen des Entwurfs bestätigt, was allerdings im wesentlichen den Vorgaben der RL zu verdanken ist.
Die Initiative Urheberrecht fordert deshalb, die unabhängigen Verwertungseinrichtungen den VGs in Bezug auf alle Regelungen des VGG gleich zu stellen.

3. Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen nur durch in Deutschland zugelassene VGs / Gemeinsame Vertragsabschlüsse mit Nutzergemeinschaften

Die Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen erfolgt auf der Grundlage von komplexen Vereinbarungen meist mehrerer VGs mit den Zahlungspflichtigen im Lande. Würden in Zukunft alle im Ausland mit der Geltendmachung von derartigen Ansprüchen betrauten Organisationen in Deutschland auf Wahrnehmung und damit Beteiligung an den Verhandlungen bestehen können, würde die Wahrnehmung auch für die Abgabepflichtigen unnötig erschwert.
Die Initiative Urheberrecht fordert deshalb, die Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen ausdrücklich nur deutschen oder in Deutschland zugelassenen VGs vorzubehalten.
Ob die Neufassung in § 35 Abs. 2 RegE dieser Forderung ausreichend Rechnung trägt, wird bezweifelt.
Ebenso bezweifeln wir, ob die Formulierung in § 35 Abs. 2 im Hinblick auf die Bildung einer den Nutzervereinigungen gegenüberstehenden „Zwangsgemeinschaft“ der Verwertungsgesellschaften, die im Prinzip wünschenswert ist, tragfähig ausformuliert ist. Das Kriterium der „Zumutbarkeit“ ist auslegungsfähig; es kann Konflikte, die zwischen Verwertungsgesellschaften mit konkurrierendem Repertoire auftreten oder zwischen Gesellschaften mit unterschiedlichen Kategorien von Rechteinhabern in Bezug auf eine Nutzung nicht lösen. Sinnvoller wäre es, statt auf die Zumutbarkeit auf sachlich zu rechtfertigende Gründe gegen die Beteiligung an gemeinsamen Abschlüssen Bezug zu nehmen.

4. Konflikte zwischen VGs

Offen bleibt, ob der Entwurf in der Formulierung des § 92 entsprechend den Intentionen der RL den Rechtsweg vor die Schiedsstelle auch für Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften eröffnet, was nach dem Wortlaut zumindest nicht ausgeschlossen erscheint. Derartige Streitigkeiten sind zu befürchten, wenn sich nach der Intention des RL-Gebers die Konkurrenz zwischen in- und ausländischen VGs verstärkt entwickeln sollte; eine entsprechende Klarstellung des Entwurfs und die Stärkung des Schiedsstellenverfahrens wäre im Interesse der Urheber zu begrüßen, um zu verhindern, dass derartige Konflikte von Anfang an vor den Zivilgerichten ausgetragen und zeitaufwendig geführt werden müssen. Zu prüfen wäre, ob auch Konflikte zwischen unabhängigen Verwertungseinrichtungen und VGs vor der Schiedsstelle ausgetragen werden sollen.

III. Rechtewahrnehmung und Nutzungen für nicht kommerzielle Zwecke

1. Zustimmung zur Rechtewahrnehmung

§ 10 des Entwurfs fordert die Zustimmung des Rechteinhabers zur Wahrnehmung jedes einzelnen Rechts; nur aus der Begründung ergibt sich, was selbstverständlich ist: eine derartige Zustimmung kann nur formularmäßig in einem detaillierten Wahrnehmungsvertrag abgegeben werden, der entsprechend der Entwicklung des Urheberrechts auch später im Rahmen präziser Regelungen modifizierbar sein muss.
Keinesfalls kann diese Vorschrift dahingehend verstanden werden, dass in jedem Fall der Lizenzerteilung durch eine VG die Zustimmung des Rechtsinhabers eingeholt werden muss. Dies darf nur der Fall sein, wenn der Wahrnehmungsvertrag insofern in Bezug auf einzelne eingeräumte Rechte ein ausdrückliches Zustimmungserfordernis für jeden Nutzungsfall vorsieht. Eine Klarstellung in der Begründung wäre zu begrüßen.
Nicht deutlich wird auch, ob diese Zustimmung auch als Voraussetzung für die Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen gelten soll. Dies verbietet sich aus praktischen und rechtlichen Gründen. Andernfalls würde die Wahrnehmung von solchen Ansprüchen unzumutbar erschwert.
Zur Vermeidung von Missverständnissen zwischen VG und Rechtsinhabern sollte eine Klarstellung im Text oder in der Begründung vorgenommen werden.

2. Nutzungen für nicht kommerzielle Zwecke

Zunächst sollte im Interesse der Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen klargestellt werden, dass deren Inanspruchnahme nicht als „Nutzungen für nicht kommerzielle Zwecke“ angesehen und deshalb auch nicht ausgenommen werden kann (siehe vorstehend I.1).
Der Entwurf setzt in § 11 die Vorgabe der Richtlinie (Art. 5 Abs. 3 und 8) um, die vom Grundgedanken des Teilens und der kostenlosen Rechteeinräumung geprägt ist, wie sie z.B. in dem Konzept der Creative Commons Lizenzen ihren Ausdruck findet. Der RL-Geber hatte allerdings noch nicht die Erfahrung, die Urheber und ausübende Künstler inzwischen mit der Praxis großer Verwerter machen, die Urheber unter Druck veranlassen, derartige kostenlose oder unterhalb der Lizenzhöhe der VGs tarifierte Lizenzen zu vereinbaren und damit die Tarifsetzung der VGs zu umgehen oder außer Kraft zu setzen.
Es ist deshalb wenigstens zu begrüßen, dass der Entwurf es den VGs – und damit (hoffentlich) der Mehrheitsentscheidung der kreativ tätigen Mitglieder überlässt die Bedingungen zur Erteilung derartiger kostenloser Lizenzen festzulegen.

IV. Verteilungsplan – kulturelle Förderung und soziale Leistungen

Zu den wesentlichen Errungenschaften des geltenden Wahrnehmungsgesetzes gehört die in § 7 UrhWG postulierte Verpflichtung, kulturelle und soziale Förderung vorzunehmen und hierfür gemäß § 8 UrhWG spezielle Einrichtungen zu schaffen. Hierdurch wird nicht zuletzt innerhalb des Verteilungssystems der VG der Gedanke der Sozialpflichtigkeit auch des Geistigen Eigentums verwirklicht, der im Übrigen im UrhG seine wesentliche Ausprägung in der Verpflichtung zur Rücksichtnahme in bestimmten als gemeinnützig betrachteten Fällen bei der Tarifgestaltung findet.
Es ist sehr zu begrüßen, der RegEntwurf in § 32 diesen Gedanken der Verwirklichung der Sozialpflichtigkeit entgegen dem Referentenentwurf wieder in den Vordergrund stellt; dem deutschen Kulturleben bleibt damit eine wesentliche Quelle der Förderung des kreativen Nachwuchses erhalten. Denn es darf nicht aus den Augen gelassen werden, dass besonders die kulturelle und soziale Förderung der VGs einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Legitimation der kollektiven bzw. zentralisierten Rechtewahrnehmung leistet.
Fraglich ist allerdings, ob die Formulierung, die die VGs verpflichtet, „kulturell bedeutende Werke und Leistungen“ zu fördern, die der bisherigen Gesetzesformulierung des UrhWahrnG entspricht, in Zukunft ausreicht. Die VGs haben teilweise besonderen Wert auf die Nachwuchsförderungen gelegt und damit das Potential für die Erbringung bedeutender Werke gestärkt; zudem haben sie die Stärkung der Urheberrechte, ihre Entwicklung und damit die Grundlagen für die Wahrnehmungstätigkeit in gebotenem Umfang unterstützt. Auch dies sollte in Zukunft möglich bleiben; eine klarstellende Bemerkung in der Begründung mit Bezug auf die bewährte Praxis der vergangenen 50 Jahre sollte dies klarstellen.

V. Auskunftspflicht der Nutzer

Die Initiative Urheberrecht begrüßt, dass der Entwurf in §§ 41, 42 Auskunfts- und Meldepflichten der Nutzer erstmals ausdrücklich definiert; unverhältnismäßig ist jedoch die Einschränkung des § 41 Abs. 1 Satz 2, die eine Auskunftspflicht entfallen lässt, wenn die Auskunft nur mit unangemessen hohem Aufwand erteilt werden kann. Hier wird eine Einladung zur Umgehung der Auskunftspflicht ausgesprochen, die nach aller Erfahrung zu Rechtsstreitigkeiten führen wird, die die Urheber und Rechtsinhaber einseitig benachteiligen, weil in diesem Fall nämlich ihre Gesellschaften höhere Kosten der Aufteilung übernehmen müssen, denn zur gewissenhaften Verteilung bleiben sie verpflichtet. Wie soll eine VG Informationen beschaffen, die die Nutzer angeblich nicht leisten können?
Aus diesem Grund ist zweifelhaft, ob die die im Prinzip sinnvolle und erforderliche Regelung in der gegenwärtigen Form zu Kostenersparnissen bei den VGs und damit zur Erhöhung der Ausschüttungen und zur Beschleunigung der Verteilungsverfahren führen wird und damit die Verkürzung der Ausschüttungsfrist in § 28 tatsächlich unterstützen bzw. auf eine belastbare Grundlage stellen wird.
Wir plädieren deshalb dafür, in Zusammenarbeit mit den VGs und unter Berücksichtigung deren Erfahrungen in der Begründung anhand von Beispielen klar zu stellen, wie Satz 2 zu interpretieren ist.
Die Formulierung erscheint im Übrigen auch deshalb unausgewogen, weil entsprechende Ausnahmeregelungen bei den Verpflichtungen der VGs, die ihnen ohne Rücksicht auf den Verwaltungsaufwand aufgebürdet werden, fehlen.

VI. Private Vervielfältigung

Die Initiative Urheberrecht begrüßt die Vorschläge des Entwurfs zur Stärkung der Durchsetzung der Vergütungsansprüche für die Privatkopie in §§ 39 Abs. 1, 93 und 107, insbesondere die Verpflichtung der Unternehmen zur Sicherheitsleistung. Diese Vorschriften werden allerdings in der Begründung zu § 107 stark verwässert, in der nunmehr die Schiedsstelle verpflichtet wird zu prüfen, ob ein „besonderes Risiko“ für die Durchsetzung der Forderung der Rechtsinhaber besteht. Hierdurch wird ein neuer Anlass für Konflikte geschaffen und die Hinterlegungspflicht zur stumpfen Waffe.
Im übrigen berücksichtigt der Entwurf die Erfahrungen der ZPÜ und findet unsere volle Unterstützung.
Wir schließen wir uns deshalb den Ausführungen der ZPÜ zu diesem Komplex voll inhaltlich an.

VII. Mehrgebietslizenzen

Die die Vergabe von Mehrgebietslizenzen betreffenden Regelungen haben nur auf einen Teil der in der Initiative Urheberrecht vertretenen Organisationen; wir enthalten uns einer Stellungnahme und verweisen auf die Ausführungen der Fachorganisationen und der GEMA.

Prof. Dr. Gerhard Pfennig
Sprecher der Initiative Urheberrecht

  • Im Folgenden ist der besseren Lesbarkeit halber immer die männliche Form gewählt worden, selbstverständlich gelten sämtliche Ausführungen auch für Urheberinnen, Produzentinnen etc.
vgg-regierungsentwurf_ini_urheberrecht_2016-01-11.pdf (pdf, 544.68 KB)

Pressekontakt: info@urheber.info