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Diskurs

Donnerstag, 12.11.2015

VG-Gesetz: Fragen an Maas und Kritik im Bundestag

„Autoren, Künstler und Verwerter leben davon, dass ihre kreativen Leistungen breit genutzt werden. Dafür müssen sie einem möglichst großen Publikum zugänglich gemacht werden“, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bei der Vorstellung des Entwurf für ein Verwertungsges...

„Autoren, Künstler und Verwerter leben davon, dass ihre kreativen Leistungen breit genutzt werden. Dafür müssen sie einem möglichst großen Publikum zugänglich gemacht werden“, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bei der Vorstellung des Entwurf für ein Verwertungsgesellschaftengesetz in der Regierungsbefragung des Bundestages am 11. November 2015.
Diese Aufgabe übernähmen Verwertungsgesellschaften. Sie ermöglichten den Nutzern einen einfachen, gebündelten Zugang zu den erforderlichen Rechten, so Maas. So sorgten sie für die Verbreitung der kreativen Leistungen und dafür, dass diese Leistungen auch vergütet werden. „Damit sind Verwertungsgesellschaften eine wichtige Grundlage für das individuelle Schaffen der Kreativen und der Unternehmen der Kulturwirtschaft“, betonte der Minister in der Regierungsbefragung des Bundestages. Mit dem nun vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf für ein Verwertungsgesellschaftengesetz (siehe News vom 11. November 2015) werde ein „moderner und zukunftsfähiger Rechtsrahmen“ geschaffen für die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften in der „vernetzten und digitalisierten Welt des 21. Jahrhunderts“.
Darüber hinaus ziele der Entwurf auf eine Reform des Verfahrens zur Bestimmung der urheberrechtlichen Vergütung für Geräte und Speichermedien im Rahmen der Privatkopievergütung. „Wir gestalten nun das Verfahren zur Aufstellung und Durchsetzung der Tarife für die Privatkopievergütung schneller und effizienter“, kündigte Justizminister Maas an. Damit Kreative und Verwerter auch dann sicher ihr Geld bekommen, wenn die Bestimmung der Tarife längere Zeit in Anspruch nimmt, könne die Schiedsstelle für Urheberrechtsstreitigkeiten beim Deutschen Patent- und Markenamt künftig eine Sicherheit für den Vergütungsanspruch anordnen, etwa in Form einer Bankbürgschaft.
Auf die Frage der Abgeordneten Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, welche Regeln für europäische Gesellschaften, die in Deutschland tätig sind, künftig gelten sollen, antwortete Maas, dass das Recht des Landes, wo die Verwertungsgesellschaft ihren Sitz hat, maßgeblich sei. Er verwies zudem auf die Einrichtung einer zentralen Aufsicht, die darüber wachen solle, dass die EU-Richtlinie einheitlich umgesetzt wird.
Harald Pätzold, Sprecher für Medienpolitik der Fraktion Die Linke, erkundigte sich, warum nicht im Entwurf die Erlaubnis zur Gesellschaftsbetrieb an die Mitgliedschaft geknüpft werde. „Sie reproduzieren so vordemokratische Verhältnisse“, kritisierte er. Die neuen Regelungen würden zur „Zwei-Klassen-Mitgliedschaft“ von stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Mitgliedern beitragen. Dies wies der Justizminister zurück: „Wir haben darauf hingewirkt, dass bestehende Demokratiedefizite bei den Verwertungsgesellschaften aufgelöst werden.“ Künftig müssten alle Gruppen „fair vertreten sein“ und gehört werden. Das sei in der Vergangenheit nicht so gewesen.
„In der Debatte um geplante Sicherheitsleistung gibt es verfassungsrechtliche Bedenken“, meldete Stefan Heck, Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, die vom ITK-Unternehmerverband BITKOM vertretene Position an. In seiner Pressemitteilung findet sich dazu allerdings nichts. Maas erwiderte, hinsichtlich der Sicherheitsleistung habe er keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Urheber und Kreative hätten schließlich auch einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung.
An der Praxis für Verwertungsgesellschaften und Kunden wie etwa Diskotheken, Gaststätten oder Online-Dienste werde sich künftig für beide Seiten eigentlich gar nicht so viel ändern, antwortete der Justizminister auf eine Frage von Matthias Bartke (SPD): „Die Verwertungsgesellschaften können in ähnlicher Form weitermachen. Die Regeln, die früher in den Satzungen standen, sind heute Teil des Gesetzentwurfs.“ Allenfalls die Kunden würden künftig von mehr Transparenz profitieren.
Daraufhin sagte Renate Künast, Vorsitzende des Rechtsausschusses, sie verstehe nicht, warum den Verwertungsgesellschaften dann laut Entwurf ein Umstellungsaufwand in Millionenhöhe und zudem deutliche jährliche Kosten entstünden. „Das passt doch nicht zusammen“, monierte die Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen. Maas entgegnete, die Kosten seien die Folge der neuen Transparenz- und Informationspflichten und in der Höhe „vertretbar“.
In einer ersten Stellungnahme kurz nach dem Kabinettsbeschluss hat der Deutsche Kulturrat den VG-Gesetzentwurf insgesamt begrüßt, insbesondere dass Verwertungsgesellschaften kulturell bedeutsame Werke und Leistungen fördern und Vorsorge- und Unterstützungseinrichtungen für ihre Berechtigten einrichten sollen. Bedauerlich sei hingegen, dass nach wie vor vorgesehen ist, dass Mitglieder in Aufsichtsgremien sensible personenbezogene Daten oder mit Blick auf Unternehmen wettbewerbsrelevante Informationen offenlegen müssen. Schade sei ferner, dass die Verwertungsgesellschaften auf ihren Internetseiten die geschlossenen Gesamtverträge veröffentlichen sollen. Hier müssten letztlich Geschäftsgeheimnisse dargelegt werden. Besonders bedauerlich sei, dass mit dem VGG die Chance zur Klarstellung der Verlegerbeteiligung an Vergütungen der Verwertungsgesellschaften vertan wurde. „Hier ist jetzt der Deutsche Bundestag gefordert, das Thema in den anstehenden Beratungen aufzunehmen und zu regeln.“

Pressekontakt: info@urheber.info