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Diskurs

Dienstag, 19.01.2016

Parlament: Geoblocking abschaffen, Gebietslizenzen nicht

Für die Abschaffung von „ungerechtfertigten Praktiken des Geoblockings“, besseren Zugang zu digitalen Inhalten und ein „modernes, europäischeres Urheberrecht“ hat sich das Europäische Parlament in einer Entschließung ausgesprochen. Das Parlament hat damit Stellung zu den von d...

Für die Abschaffung von „ungerechtfertigten Praktiken des Geoblockings“, besseren Zugang zu digitalen Inhalten und ein „modernes, europäischeres Urheberrecht“ hat sich das Europäische Parlament in einer Entschließung ausgesprochen. Das Parlament hat damit Stellung zu den von der Kommission vorgeschlagenen 16 Initiativen, die die EU-Kommission für 2016 in ihrer Mitteilung der über ihre „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“ angekündigt hatte (siehe News vom 6. Mai 2015).
Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2016 zu dem Thema „Auf dem Weg zu einem digitalen Binnenmarkt“ wurde in Straßburg mit 551 Stimmen verabschiedet, bei 88 Gegenstimmen und 39 Enthaltungen, heißt es in einer Pressemitteilung des Parlaments. Die Abgeordneten verlangen Vorschläge der Kommission, zur „Abschaffung ungerechtfertigter Praktiken des Geoblockings, um den Zugang zu Waren und Dienstleistungen für die Verbraucher zu verbessern.“ Sie begrüßen die grenzüberschreitende Portabilität von Online-Inhaltediensten als „einen ersten Schritt“ in diese Richtung, heißt es weiter. Urheberrecht wird in der Pressemitteilung nur als ein weiteres Thema der Entschließung genannt.
Das Europäische Parlament „begrüßt die Zusage der Kommission, den derzeitigen Urheberrechtsrahmen zu modernisieren und an das digitale Zeitalter anzupassen, heißt es in der Entschließung (eigene PDF-Datei), und „betont, dass alle Änderungen gezielt vorgenommen und auf eine faire und angemessene Vergütung der Urheber und anderer Rechteinhaber, das Wirtschaftswachstum, die Wettbewerbsfähigkeit und eine verbesserte Verbrauchererfahrung, aber auch auf die notwendige Wahrung des Schutzes der Grundrechte ausgerichtet werden müssen“. Die EU-Kommission wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass bei einer Reform der Urheberrechtsrichtlinie den Ergebnissen der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 (siehe News vom 9. Juli 2015) zu der Richtlinie 2001/29/EG Rechnung getragen werden sollte und dass diese Reform auf gesicherten Erkenntnissen beruht, wozu auch eine Bewertung der möglichen Auswirkungen von Änderungen auf Wachstum und Beschäftigung, auf die kulturelle Vielfalt und insbesondere auf die Produktion, die Finanzierung und den Vertrieb audiovisueller Werke gehört“.
Eine klare Aussage enthält die Entschließung zu Territoriallizenzen: Das Parlament „weist darauf hin, dass die Kreativwirtschaft durch Besonderheiten und unterschiedliche Herausforderungen gekennzeichnet ist, die sich aus den unterschiedlichen Arten von Inhalten und schöpferischen Werken und aus den verwendeten Geschäftsmodellen ergeben“, und betont, ausschließliche Gebietslizenzen seien im Hinblick auf die Finanzierung europäischer Filme wichtig. Die Kommission wird daher aufgefordert, „diese Besonderheiten besser herauszustellen und ihnen stärker Rechnung zu tragen“.
Betont wird, dass der Ansatz zu Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Urheberrecht ausgewogen, zielgerichtet, formatneutral und ausschließlich auf nachgewiesene Bedürfnisse gestützt sein sollte und dass die kulturelle Vielfalt Europas, ihre Finanzierung und die faire Vergütung von Urhebern durch diesen Ansatz nicht beeinträchtigt werden sollte“. Es müsse zwar größere Rechtssicherheit für den Einsatz der gezielten Text- und Datensuche (Text and Data Mining) geschaffen werden, damit Forscher und Bildungseinrichtungen auch länderübergreifend verstärkt auf urheberrechtlich geschütztes Material zugreifen können. Europaweite Ausnahmeregelungen für die gezielte Text- und Datensuche sollten aber nur dann angewendet werden, „wenn die Nutzer über einen rechtmäßigen Zugang verfügen, und diese Regelungen auf der Grundlage einer auf Fakten gestützten Folgenabschätzung und einer daran anschließenden Anhörung aller Interessenträger ausgearbeitet werden“. Das EU-Parlament hält es außerdem für „geboten, dass die Eindeutigkeit und die Transparenz der Urheberrechtsregelung verbessert werden, wobei besonderes Augenmerk auf von Nutzern eingestellte Inhalte und Abgaben für Privatkopien in den Mitgliedstaaten, die sich für eine Erhebung entschieden haben, zu richten ist“.
Beim Thema Geoblocking folgt das Parlament dem Strategiepapier der EU-Kommission für einen digitalen Binnenmarkt in Europa vom Mai 2015 (siehe News vom 6. Mai 2015). Es seien ehrgeizige, gezielte Maßnahmen erforderlich, „um den Zugang zu Waren und Dienstleistungen zu verbessern, insbesondere, indem ungerechtfertigten Praktiken des Geoblockings und der unfairen Preisdiskriminierung auf der Grundlage der geographischen Lage oder der Nationalität, die oft dazu führen, dass Monopole gebildet werden und Verbraucher auf illegale Inhalte zugreifen, ein Ende gesetzt wird“. Ebenso wird der Vorschlag der Kommission zum Ausbau von Portabilität und Interoperabilität (siehe News vom 9. Dezember 2015) begrüßt, „um den freien Verkehr rechtmäßig erworbener und rechtmäßig zur Verfügung gestellter Inhalte und Dienste zu fördern, was einen ersten Schritt hin zur Beendigung des ungerechtfertigten Geoblockings darstellt, sowie zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Nutzbarkeit von Abonnements.“

ep-entschliessung-2016-01-19.pdf (pdf, 393.33 KB)

Pressekontakt: info@urheber.info