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Diskurs

Sonntag, 22.11.2015

EU-Urheberrecht: EVP-Fraktion legt Positionspapier vor

Die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament hat ihre Vorstellungen über die Anpassung der Rechte an geistigem Eigentum an den digitalen Binnenmarkts in ihrer Stellungnahme zum Urheberrecht („Position Paper on Copyright“) vorgelegt. „Die EVP-Fraktion hat immer einen ausgewogene...

Die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament hat ihre Vorstellungen über die Anpassung der Rechte an geistigem Eigentum an den digitalen Binnenmarkts in ihrer Stellungnahme zum Urheberrecht („Position Paper on Copyright“) vorgelegt.
„Die EVP-Fraktion hat immer einen ausgewogenen Ansatz beim Urheberrecht verteidigt, weil wir glauben, es ist der einzige Weg, um die Interessen von Urhebern und Konsumenten zu schützen. Wir verteidigen Rechtsvorschriften, die es Benutzern ermöglichen, auf Dienste zugreifen, aber zur gleichen Zeit genügend Einnahmen für den Kultursektor erzeugen, um neue Kreationen zu finanzieren und unsere kulturelle Vielfalt und das kulturelle Erbe zu fördern“, sagte Esteban Gonzalez Pons, stellvertretender Vorsitzender der größten Fraktion des Europäischen Parlaments, bei der Vorstellung des Positionspapiers am 18. November 2015.
„Nutzer und Verbraucher sollten breitere, und – soweit möglich – grenzüberschreitende Zugang zu rechtlich erworbenen Online-Inhalten haben ohne Gefährdung der Urjheber und der kulturellen Vielfalt in Europa“, ergänzte Sabine Verheyen, Sprecherin für Kultur und Bildung der EVP-Fraktion. Ziel sei es, so der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments, Pavel Svoboda, „sowohl wirtschaftliches und technologisches Wachstum zu fördern und den Zugang zu Dienstleistungen zu erweitern, und gleichzeitig eine angemessene Vergütung für die Urheber und Rechteinhaber zu gewährleisten“.
Die EVP-Fraktion spricht sich für ein Urheberrechtssystem aus, „das Investitionen, das effiziente Funktionieren von Wertschöpfungsketten zwischen Autoren, Urhebern, ausübenden Künstlern, Herstellern, Verlagen, Journalisten, Vermittlern, Dienstleistern, Verbrauchern und Nutzern fördert“, heißt es im „Positionspapier zum Urheberrecht“ (Download). „Das Ziel sollte sein, auf innovative, flexible, vereinfachte und verbraucherfreundliche Lizenzierungsmodelle für den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken zu setzen, die durch die Grundsätze der Vertragsfreiheit und angemessene Vergütung für die Rechteinhaber geprägt sein sollten.“
Konkrete Aussagen enthält das EPP-Positionspapier zu den derzeit heftig diskutierten Fragen des Geoblockings, der Portabilität und des Territorialprinzips. Die EVP-Fraktion begrüßt das Engagement der Kommission gegen „ungerechtfertigtes Geoblocking“ vorzugehen, betont aber, dass das Territorialprinzip und Exklusivrechte wichtige Elemente für den audiovisuellen Sektor sind, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die Nachhaltigkeit der Finanzierung zu gewährleisten. Geoblocking vollständig abzuschaffen würde möglicherweise „eine irreversible Schädigung des kulturellen und audiovisuellen Bereichs verursachen und eine Revision des Territorialprinzips sollte nicht das Ziel sein.“ Es bestehe ein breiter Konsens innerhalb der EVP-Fraktion, dass die Übertragbarkeit von legal erworbenen und rechtlich zur Verfügung gestellten Inhalten verbessert werden sollte, aber nicht durch die Abschaffung der Territorialprinzip, da dies der europäischen kulturellen Vielfalt schade. Die EVP-Fraktion unterstützt die Verwendung von Mehrgebiets- und paneuropäische Lizenzen. Portabilität sollte online gesichert werden und offline grenzüberschreitenden Zugang zu den rechtmäßig erlangten Inhalten für Verbraucher gewährleistet werden, wenn sie in Europa reisen.
Die EVP-Fraktion spricht sich gegen einen EU-Urheberrechtstitel aus, ist aber für eine „vollständige Harmonisierung der Ausnahmen und Beschränkungen“ im EU-Urheberrecht, wenn „im Einklang mit den Prinzipien der Dreistufentest“ ist. Im Bildungsbereich könnte eine Schrankenregelung realisierbar sein, wenn sie strikt auf Forschungs- und Bildungszwecke bei einer von den zuständigen Behörden anerkannten Bildungs- oder Forschungseinrichtung oder im Rahmen eines angeschlossenen Bildungsprogramms begrenzt würde. Die EVP-Fraktion fordert „mehr Rechtssicherheit im Rahmen des Urheberrechts für Bibliotheken und E-Bücher, die eine angemessene Vergütung für Autoren und Verlage gewährleistet.“ Im gegenwärtigen Stadium ist die EVP-Fraktion gegen eine allgemeine Harmonisierung der Privatkopie-Ausnahme und der Abgaben auf Privatkopien.
Einen Tag nach der Vorstellung des EPP-Positionspapiers war das EU-Urheberrecht auch bei der Fraktion der Sozialisten & Demokraten (S&D) Thema auf ihrer Konferenz „Digital Data in the EU - Happily Ever After or Content Unavailable“ im Europäischen Parlament. Außer den im Urheberrecht engagierten EU-Parlamentariern der S&D-Fraktion referierten am 19. November auch die Leiterin der Copyright Unit (DG CONNECT), Maria Martin-Prat, und der deutsche Internetrechtler Till Kreutzer über Schrankenregelungen in der Urheberrechtsreform sowie Professor Giuseppe Mazziotti (Trinity College Dublin), der die Studie zur Umsetzung der InfoSoc-Richtlinie verfasst hat (siehe News vom 4. November 2015), und Agustin Reyna, Geschäftsführer der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC über Fragen des Geoblockings und der Portabilität in Brüssel. Ein Positionspapier zur „Digitalen Union“ hat die S&D-Fraktion bereits im Mai vorgelegt, eines zum Urheberrecht wurde auf der Konferenz angekündigt.

Pressekontakt: info@urheber.info