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Diskurs

Montag, 31.08.2015

Google: CoLab schlägt „Neuordnung des Urheberrechts“ vor

Till Kreutzer hat am 29. August ein Papier zur „Neuordnung des Urheberrechts“ vorgestellt. Das „Konzept für ein Regelungssystem für kreative Güter“ geht auf das Arbeitsergebnis einer Expertengruppe der überwiegend von Google finanzierten Initiative „Internet & Gesellschaft Col...

Till Kreutzer hat am 29. August ein Papier zur „Neuordnung des Urheberrechts“ vorgestellt. Das „Konzept für ein Regelungssystem für kreative Güter“ geht auf das Arbeitsergebnis einer Expertengruppe der überwiegend von Google finanzierten Initiative „Internet & Gesellschaft Collaboratory“ (CoLab) zurück.
Die „Leitlinien für ein Urheberrecht für die digitale Welt in Form eines Regelungssystems für kreative informationelle Güter“ wurden von CoLab 2011 zu Hochzeiten der Urheberrechtsdiskussion in Deutschland veröffentlicht (in: Abschlussbericht der 3. Co-Lab-Initiative, S. 99 ff.). In der aktuellen Debatte sind sie etwas in Vergessenheit geraten. Nun hat „eine kleine Gruppe von Experten verschiedenster Disziplinen“ unter Leitung von iRights.info-Redaktionsleiter Till Kreutzer sie überarbeitet und in einem 16-seitigen Papier unter dem Titel „Berliner Gedankenexperiment zur Neuordnung des Urheberrechts“ (Download) veröffentlicht, das Kreutzer auf der Telemedicus-Sommerkonferenz vorstellte.
„Das geltende Urheberrecht erfüllt seine Funktion nicht mehr, zu Lasten aller beteiligten Akteure. Um dem Abhilfe zu schaffen, reichen – dies scheint mittlerweile offensichtlich – Detailkorrekturen nicht aus. Es gilt vielmehr, Regelungsprinzipien, systematische Ansätze und Grundgedanken auf ihre Tauglichkeit für die digitale Welt zu überprüfen, wenn nötig zu überarbeiten oder durch neue Ansätze zu ersetzen“, schreibt Kreutzer.
Die neuen Ansätze sind aber im Wesentlichen die vier Jahre alten, nur etwas lesbarer dargestellt und systematisch geordnet. Auf Seiten der Urheber wird eine Trennung von wirtschaftlichen Schutzrechten und Urheberpersönlichkeitsrechten vorgeschlagen, anstelle von Nutzungsrechten zeitlich begrenzte „Werknutzungsbewilligungen“ mit kurzen Exklusivrechten (Beispiele: drei bis fünf Jahre). Im „Interessen der Allgemeinheit“ soll „die Laufzeit des Ausschließlichkeitsrechts am Werk auf ein angemessenes Maß beschränkt sein“, das Urheberpersönlichkeitsrecht und die „wirtschaftlichen Beteiligungsansprüche“ immerhin „beispielsweise auf 20 Jahre nach dem Tod des Urhebers begrenzt werden“.
Verwerter erhielten ein eigenes „Verwerterrecht“, aber nur für „die konkrete Produktion oder Konfektion des jeweiligen Werkes. Schutzgegenstand ist damit die konkrete Ausgestaltung eines kreativen Produkts (wie z. B. eine Musikaufnahme oder ein Film).“ Dafür sollen die „Nutzerrechte“ gestärkt werden, beispielsweise Schrankenregelung eingeklagt werden können, „z. B. wenn Filmzitate nicht möglich sind, weil der Verwerter seine Werkexemplare kopiergeschützt vertreibt.“ Außerdem soll eine Fair-use-Klausel wie im US-Copyright eingeführt werden, hier „Generalklausel“ genannt (ein Mitarbeiter Julia Redas gehörte zu den Verfassern).
Auch Vermittler sollen mit ins Regelungssystem, wobei unterschieden wird zwischen solchen Vermittlern, „deren Angebot mit Leistungen von Verwertern tendenziell16 konkurriert oder sie sogar substituieren kann („Vermittler mit Konkurrenzangebot“), und solchen, deren Angebot die Leistungen von Verwertern ergänzen oder erst ermöglichen („Vermittler mit Komplementärangebot“)“. Für Letztere wie Internet-Zugangsanbieter oder Suchmaschinen (Google) gibt es keine Beschränkungen, „legitime Konkurrenzangebote“ zumindest einer Vergütungspflicht (Umsatzbeteiligung) unterworfen werden, die „von zentraler Stelle erhoben“ und „an die Rechteinhaber weitergeleitet werden“ könnte.
Die Erstellung des Papiers von Till Kreutzer und anderen wurde von CoLab mit rund 10.000 Euro gefördert (Fußnote 3). Finanziert wird CoLab überwiegend von Google Germany (laut Jahresbericht 2014 mit einer Großspende von 173.800 Euro = rund 65 Prozent der Ressourcen). Telemedicus ist Kooperationspartner von CoLab.

Pressekontakt: info@urheber.info