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Diskurs

Donnerstag, 09.07.2015

EU-Parlament beschließt Bericht zur Urheberrechtsreform

Das EU-Parlament hat den sogenannten Reda-Bericht zur Reform des europäischen Urheberrechts – allerdings mit vielen Änderungen gegenüber dem Entwurf der Piraten-Abgeordneten mit 445 Stimmen angenommen, bei 65 Gegenstimmen und 32 Enthaltungen angenommen. Mit noch größerer Stimm...

Das EU-Parlament hat den sogenannten Reda-Bericht zur Reform des europäischen Urheberrechts – allerdings mit vielen Änderungen gegenüber dem Entwurf der Piraten-Abgeordneten mit 445 Stimmen angenommen, bei 65 Gegenstimmen und 32 Enthaltungen angenommen. Mit noch größerer Stimmenzahl wurde die umstrittene Passage zur Panoramafreiheit gestrichen.
Das Thema Panoramafreiheit bestimmte auch am heutigen 9. Juli wieder die Medienberichterstattung – zumindest in Deutschland – ebenso wie erste Reaktionen von Journalistenorganisationen wie auch Netzaktivisten. Auch Julia Reda selbst stellte das Thema in den Mittelpunkt ihrer Blog-Meldung nach der Abstimmung. Immerhin hatte die von der Europa-Abgeordneten gestartete Kampagne „Panoramafreiheit in Gefahr“ eine riesige Resonanz (siehe News vom 26. Juni 2015). Mehr als 200.000 Bürger haben die Internet-Petition unterzeichnet (siehe News vom 1. Juli 2015).
Für die von Jean-Marie Cavada im Beschluss des Rechtsausschusses (JURI) über den Bericht zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie von 2001 (InfoSoc-Richtlinie) eingebrachten Punkt 46 zur Panoramafreiheit (siehe News vom 17. Juni 2015) stimmten in Straßburg nur noch 40 Abgeordnete, nachdem zuvor auch ein Änderungsantrag aus der Liberalen Fraktion abgelehnt wurde (Video der Abstimmung 13:16 Uhr). 502 EU-Parlamentarier votierten für eine komplette Streichung. Damit bleibt die Panoramafreiheit der nationalen Gesetzgebung der Mitgliedstaaten überlassen. In der Debatte im EU-Parlament am Vormittag hatte Digitalkommissar Günther Oettinger aber ohnehin schon erklärt, die EU-Kommission plane nicht die Panoramafreiheit einzuschränken. In diesem Punkt kann ich Entwarnung geben (Video der Debatte ab 10:02 Uhr).
In der die EU-Kommission nicht bindende Entschließung führt das Europa-Parlament aus, dass den Verbrauchern allzu oft der Zugang zu bestimmten Informationsangeboten aus geografischen Gründen verwehrt werde, und betont, dass Geoblocking nicht die in den Mitgliedstaaten lebenden kulturellen Minderheiten behindern sollte, Zugang zu bestehenden Inhalten oder Dienstleistungen in ihrer Sprache zu haben. Sie fordern die EU-Kommission „mit Nachdruck“ auf, geeignete Lösungen für eine bessere grenzübergreifende Zugänglichkeit zu Dienstleistungen und zu urheberrechtlich geschützten Inhalten für Verbraucher vorzuschlagen.
Die EU-Abgeordneten nehmen anderseits auch die große Bedeutung der Gebietslizenzen und des Territorialprinzips zur Kenntnis, insbesondere für die Finanzierung von audiovisuellen und Filmproduktionen. Dieser Punkt war auch ein herausgehobenes Thema der Stellungnahme EU-Kommissar Oettinger in der Debatte. Hier müsse es – noch – Ausnahmen geben. Die europäische Filmwirtschaft wäre ohne sie nicht „lebensfähig“ und würde durch Hollywood, Bollywood, Google und Amazon zugrunde gehen, betonte Oettinger. Die in der Entschließung geforderte Portabilität der Inhalte werde aber geprüft ebenso wie die geforderten Ausnahmen für Bibliotheken und Text und Data Mining.
Keine Rolle spielte in der Berichterstattung das Eintreten des Europäischen Parlament für die Stärkung der Rechte der Urheber und ausübenden Künstler. (Punkt 24 und 25 in der Entschließung), Das EU-Parlament „hält es für unverzichtbar, die Position von Autoren und Urhebern zu stärken und ihre Vergütung im Zusammenhang mit dem digitalen Vertrieb und der digitalen Nutzung ihrer Werke zu verbessern“. Verlangt werden Maßnahmen, um eine faire und angemessene Vergütung für alle Gruppen von Rechtsinhabern zu gewährleisten. Das Parlament „fordert eine verbesserte vertragliche Position von Urhebern und ausübenden Künstlern im Verhältnis zu anderen Rechtsinhabern und Vermittlern, insbesondere durch die Erwägung einer angemessenen Frist für die Nutzung der vom Urheber an Dritte übertragenen Rechte“. Keine Mehrheit hingegen fand ein Änderungsantrag der CSU-Abgeordneten Angelika Niebler (EVP-Fraktion), mit dem diese quasi ein Leistungsschutzrecht für Verleger ermöglichen wollte. Hiervor hatte auch Reda in ihrem Blog im Vorwege gewarnt.

Pressekontakt: info@urheber.info